ACHTUNG! beginnt bei der Sprache

Digitaler Fachtag am Dienstag, 29. September 2020, 9.30 bis 15 Uhr
Online-Veranstaltung

Fachtag FBI 2020

ACHTUNG! beginnt bei der Sprache

Sprache hat die Kraft, Wirklichkeit zu beeinflussen und Massen zu mobilisieren. Sie prägt in hohem Maße unser Denken und unser Verhalten. Sie kann Menschen ausgrenzen oder einschließen, stärken oder diskriminieren. So wird beispielsweise an den mit „NSU 2.0“ unterzeichneten Morddrohungen, die seit 2018 verschickt werden, deutlich, welche Macht von sprachlichen Äußerungen ausgehen kann und wie sich Hass und Hetze auf unser gesellschaftliches Zusammenleben auswirken.

Zugleich wirkt sich Wirklichkeit auf unsere Sprache aus. So hat die Corona-Pandemie nicht nur den Alltag vieler Menschen verändert, sondern auch die Sprache: Durch Corona sind bereits rund 600 Wörter und Wendungen neu entstanden, die in „Deutschlands Coronalexikon“ aufgenommen wurden, so etwa die Begriffe „Neue Normalität“, „Social Distancing” oder „Superspreader”.

Diese Wechselbeziehung von Sprache und Realität wird besonders auf der zwischenmenschlichen Ebene deutlich: Wie wir miteinander sprechen, ist immer auch Ausdruck der Achtung voreinander. In der Bildungs- und Sozialarbeit ist dieses Phänomen besonders bedeutend, da diese insbesondere auf Beziehungsarbeit basiert.

Für die Bildungs- und Sozialarbeit ergibt sich daraus die besondere Herausforderung, Sprachgewohnheiten im Sinne einer besonderen sprachlichen Achtsamkeit auf ihre Herkunft und Wirkung hin zu hinterfragen: Wie lassen sich etwa sprachlich tradierte kolonialrassistische Vorstellungen aufdecken? Welche Regeln gibt es für die „einfache Sprache“, um die sprachliche und gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen zu ermöglichen? Wie lassen sich Ideologien und Sprachstrategien von Hass und Hetze im und außerhalb des Netzes aufdecken, um diesen gezielt entgegenzutreten?

Der Fachtag bietet ein Forum, um das Thema Sprache zu vertiefen und diese und weitere Fragen zu diskutieren.

Wir laden Sie ein zur aktiven Teilnahme, zur Diskussion und gemeinsamem Nachdenken an unserem digitalen Fachtag.

Sie möchten sich zum Fachtag anmelden?

Eine nachträgliche Anmeldung zum Fachtag ist leider nicht mehr möglich.

Informationen zur Anmeldung

Die Kosten für die Teilnahme am digitalen Fachtag betragen 30€ und sind mit der verbindlichen Anmeldung fällig, unabhängig von Ihrer tatsächlichen Teilnahme.

Die digitalen Denkräume sind jeweils auf 30 Teilnehmende beschränkt. Bitte geben Sie daher sowohl eine Erst- als auch eine Zweitwahl an. Unter Umständen kann Ihre Erstwahl nicht berücksichtigt werden.

Mit Ihrer verbindlichen Anmeldung erkennen Sie diese Bedingungen an.

Wichtig

Zur Teilnahme benötigen Sie einen PC mit Webcam, einen Internetanschluss sowie nach Möglichkeit ein Headset.

Hinweis für Mitarbeitende des Evangelischen Vereins für Jugendsozialarbeit und des Evangelischen Regionalverbandes

Für Mitarbeitende des Evangelischen Vereins für Jugendsozialarbeit sowie des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt und Offenbach wird die Anmeldegebühr intern verrechnet.

Externe Teilnehmende erhalten nach der Anmeldung eine Rechnung per E-Mail mit Angaben der Bankverbindung und Verwendungszweck zur Überweisung des fälligen Betrags“.

Denkräume

Eine Übersicht der Denkräume am Fachtag entnehmen Sie bitte dem Flyer oder der folgenden Aufstellung:

Referentin: Nuran Ayten, Institut für den Situationsansatz

Worte sind wirkmächtig. Sie können bestärken und einladend sein oder sie können entmutigen und ausschließen. Welche Worte benutzen wir, wenn wir Kinder und ihre Familien in unseren Einrichtungen beschreiben? Wie gestalten wir die Lernumgebung, ohne Zuschreibungen und Abwertungen zu erzeugen? Welche Wirkung haben Vielfalt und Sprache auf Kinder und ihre Identitätsentwicklung? Dazu bildet die Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung© als inklusives Praxiskonzept die Grundlage. Der pädagogische Ansatz unterstützt Fachkräfte, Vielfalt zu respektieren und sich gegen Ausgrenzung zu positionieren.

Referentin: Prof. Dr. Galina Putjata, Arbeitsbereich Literalität und einwanderungsbedingte Mehrsprachigkeit, Goethe Universität Frankfurt am Main

In Zeiten der Neuzuwanderung werden enorme Erwartungen an Pädagog*innen herangetragen. Als Akteur*innen sind sie für die Integration, die sprachliche Bildung, den Berufserfolg, die gleichberechtigte Teilhabe etc. zuständig. Doch wie genau soll und kann das geschehen? Orientiert am Impulsvortrag vertieft der Denkraum zunächst die Bedeutung einer mehrsprachigen Praxis und stellt eine Reihe von Ansätzen und Methoden vor. Im Anschluss lade ich Sie zu einer Diskussionsrunde ein.

Referent: Dr. Dr. Nils Bahlo, Germanistisches Institut, Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Vulgarisierte Sprache ist kein neuzeitliches und kein genuin jugendliches Phänomen. Vulgarisierte Stile existieren verbal, gestisch, grafisch und sind Teil jeder Kultur. Wenn wir uns mit Ausdrucksmitteln beschäftigen, die in irgendeiner Weise pädagogisches Handeln erfordern, dann tun wir dies häufig in Hinblick auf die Reflexionsfähigkeit über Sprache oder auch sprachliche Achtsamkeit. Wir wollen also zum Nachdenken über Sprache anregen, eigene Positionen und fremde Positionen hinterfragen, überdenken und ggf. in eine Richtung lenken, die Eigen- und/oder Fremdschädigungen vermeiden hilft.

Referentin: Jun.-Prof. Bettina M. Bock, Institut für deutsche Sprache und Literatur II, Universität zu Köln

Sprache ist ein soziales Phänomen: Die Art und Weise, wie wir uns ausdrücken hat immer auch eine soziale Wirkung bzw. eine soziale Funktion: Sprache grenzt ab, markiert Unterschiede, schließt aus oder ein – manchmal bewusst und gezielt, manchmal unbewusst und beiläufig. Im Denkraum sollen zwei Phänomene genauer in den Blick genommen und im Hinblick auf (auch ungewollte) Exklusionseffekte diskutiert werden: die sogenannte Leichte Sprache und die Diskussion um diskriminierungsfreien/politisch korrekten Sprachgebrauch

Referentin: Nicole Peinz, Theaterpädagogin BuT, Referentin queere Bildung, Koordination des Bildungs- und Antidiskriminierungsprojekts SCHLAU Frankfurt

Sprache macht Menschen sichtbar oder unsichtbar, sie kann Menschen bestärken, verletzen oder diskriminieren. In diesem Denkraum geht es darum, unsere Sprachgewohnheiten im Themenfeld der geschlechtlichen Identitäten und sexuellen Orientierungen zu überprüfen. Wir klären relevante Begriffe, wie pansexuell, nicht-binär, intergeschlechtlich oder queer, um sie in die eigene gesprochene Sprache aufnehmen zu können. Außerdem geht es um Pronomen und geschlechtergerechte Sprache.

Referentin: Birthe Pater, Bildungsstätte Anne Frank

Rassismus ist Teil unseres Alltags und unserer Gesellschaft. Egal ob sichtbar oder unsichtbar – Rassismus beeinflusst unsere Beziehungen und das Miteinander und wirkt gewaltvoll. Die Erfahrungen von Betroffenen werden aber häufig nicht wahrgenommen. In der Auseinandersetzung mit Rassismus sind es oftmals die Debatten um Sprache und Bilder, die viele verunsichern. Zahlreiche alltägliche Begriffe und Bilder haben ihren Ursprung in kolonialrassistischen Vorstellungen oder basieren auf Ideologien der Ungleichwertigkeit.

Referentin: Marina Chernivsky, Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment / OFEK e.V. 

Sprache ist Ausdruck unserer Wirklichkeit, sie bewirkt Gedanken, Gefühle und zieht Verhalten nach sich. Etliche Sprachwendungen und Kommunikationsformen sind antisemitisch und diskriminierend. Dennoch werden sie mitunter vehement verteidigt und gar mit Absicht eingesetzt. Antisemitische Sprache war immer schon die Vorstufe der tätlichen und strukturellen Gewalt gegen Jüdinnen und Juden. Umso verwunderlicher ist es, dass die Debatte um die Struktur und Wirkung antisemitischer Sprache ziemlich neu ist. Der Denkraum beschäftigt sich mit Antisemitismus in unserer Sprache und dessen Implikationen.

Referentin: Christa Kaletsch,  Landesverband Hessen der DGD e.V.

Der Denkraum lädt dazu ein, sich selbst aktiv mit der Bedeutung der Kinder- und Menschenrechte zu verknüpfen und dadurch gestärkt diskriminierenden und die Würde des Menschen verletzenden Sprechen begegnen zu können. Dabei gibt eine Auseinandersetzung mit Motivationen und Sprecher*innen-Positionen Orientierung für die Entwicklung entsprechend betroffenensensibler Handlungsoptionen.

Referent: Stefan Lauer-Jakobson, Journalist/Referent der Amadeu Antonio-Stiftung

Im Denkraum „hate speech“ geht es um Hass im und außerhalb des Netzes. Wo kommt die Hetze eigentlich her? Handelt es sich dabei um die Meinung von Einzelnen oder ist das ganze Teil einer Strategie? Wir reden über die sogenannte „neue“ Rechte und ihr Vorhaben, „die Stimmung im ganzen Land zu drehen“. Dabei geht es um Gesprächsstrategien und um Übungen, die die Teilnehmenden fit für die Diskussion im Netz machen.

Referent: Jonas Schlatterbeck, Head of Content, ARD Online

Trump, Corona, Klimawandel: Soziale Netzwerke sind, anders als der Begriff es nahelegt, zum Katalysator ideologischer Debatten geworden, bei denen sich Positionen scheinbar unvereinbar gegenüberstehen und einen differenzierten Diskurs unmöglich machen. Wie können wir uns in einem Algorithmen-gesteuerten digitalen Umfeld Räume für sinnstiftenden, konstruktiven und wahrhaftigen Dialog zurückholen?